Sommerfahrt – Versöhnung mit dem Meer
Ferienfahrten bieten in der Offenen Jugendarbeit einen einzigartigen Raum, um junge Menschen in einer besonderen Atmosphäre zu begleiten und ihnen Erfahrungen zu ermöglichen, die im Alltag schwer zugänglich sind. Sie schaffen nicht nur die Möglichkeit, eine Auszeit vom gewohnten Umfeld zu nehmen, sondern fördern auch wichtige Entwicklungsprozesse: vom Stärken von Beziehungen und Vertrauen bis hin zur Förderung von Zugehörigkeit, Selbsterfahrung und dem „Sich-Erleben“ in neuen Umgebungen. Insbesondere für junge Menschen, die aus belastenden Lebenskontexten kommen, eröffnen Ferienfahrten neue Perspektiven und bieten einen sicheren Raum, um zu wachsen.
Ein gutes Beispiel für eine solche Ferienfahrt war die Sommerreise ans Meer, durchgeführt von zwei Mitarbeiter:innen des Jugendtreff Pfarrgasse. Mit dem Vereinsbus ging es mit einer Gruppe von sieben männlichen Jugendlichen im Alter von 16 bis 21 Jahren – alle mit Fluchterfahrungen – nach Kroatien. Das Projekt „Versöhnung mit dem Meer“ sollte ursprünglich bereits vor zwei Jahren stattfinden, konnte aufgrund der Corona Pandemie und personeller Ressourcen jedoch nicht durchgeführt werden. Die Jugendlichen hatten damals keine Schwimmerfahrung und zum Teil traumatische Erlebnisse durch die Flucht über das Meer, weshalb sie vorab einen Schwimmkurs besucht hatten, um sich auf das Projekt vorzubereiten. Die Reise konnte nun, viele Jahre nach der Flucht, endlich stattfinden.
Der Ablauf wurde im Sinne der Partizipation im Vorfeld der Fahrt mit den Jugendlichen geplant, um ihnen die Möglichkeit zu geben, aktiv mitzugestalten. Gemeinsam einigte man sich auf das Programm, das einen Besuch im Nationalpark, einen Stadtspaziergang in der nächstgelegenen Stadt, Strandbesuche und einen gemeinsamen Grillabend beinhaltete. Zudem wurden im Vorfeld Gruppenregeln zum Umgang miteinander erarbeitet und ein detaillierter Plan für den Einkauf, das Kochen und den Abwasch erstellt. Auf der Reise wurden außerdem täglich Reflexionsrunden beim Abendessen abgehalten, um Raum für Erfahrungs- und Gefühlsaustausch zu schaffen.
Ziel der Fahrt war unter anderem, die Selbstwirksamkeit und Autonomie der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu fördern. Die Jugendlichen haben uns vor Ort mit ihrer Teamarbeit und Selbstorganisation beeindruckt.
So übernahmen sie beispielsweise das Grillen – inklusive Einkauf, Vorbereitung und Aufräumen. Darüber hinaus sollte mit der Reise ein sicherer Raum geschaffen werden, um eine neue, positive Beziehung zum Meer und dem Wasser aufzubauen und vergangene Erlebnisse sowie Assoziationen zu verarbeiten. Durch die positiven Erfolgserlebnisse bei den durchgeführten Aktivitäten sowie die Verantwortungsübernahme im Rahmen der Aufgabenverteilung konnte ihr Selbstvertrauen als auch ihr Gemeinschaftsgefühl gestärkt werden. Zudem gelang es ihnen, sich gut auf die Reflexionen und die Möglichkeit zur Auseinandersetzung einzulassen. Sie konnten erfahren, wie sie ihre und die Bedürfnisse der anderen wahrnehmen und ausdrücken können.
So tragen unsere Projektfahrten dazu bei, die Resilienz und psychosoziale Stabilität junger Erwachsener mit Fluchterfahrung langfristig zu stärken, ihre gesellschaftliche Teilhabe zu fördern und ihre Integration in Gesellschaft und Arbeitsleben zu unterstützen.